Der Hochtaunuskreis verweigert die konstruktive Zusammenarbeit mit den Motorradfahrerverbänden
Für den 1. November 2021 lud die Verwaltung des Hochtaunuskreises Fahrerverbände zur Präsentation der Ergebnisse des Pilotversuchs zeitlich begrenzter Streckensperrungen auf den meisten Zufahrten zum beliebten Motorradtreffpunkt auf dem Großen Feldberg im Taunus ein. Hintergrund waren langjährige Beschwerden von Anwohnern über den in ihren Augen „unzumutbaren Motorradlärm“. Deswegen wurden im Frühjahr und im Herbst 2019 für jeweils zehn Tage insgesamt vier Straßenabschnitte nur für Motorräder gesperrt. Durch ein Meßprogramm vor, während und nach den Sperrungen sollten die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Verkehrssituation im Feldberggebiet untersucht werden.
„Wir waren als Vertreter der Motorradfahrenden von der Kreisverwaltung in die Vorbereitung und Durchführung des Pilotversuchs eingebunden und haben ihn mit eigenen Vorschlägen unterstützt“, sagte Rolf „Hilton“ Frieling, Vorsitzender der Biker Union e.V. (BU) nach der Veranstaltung. „Vereinbart war, daß nach Auswertung der Ergebnisse am Runden Tisch mit allen Beteiligten über geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vor Ort diskutiert werden sollte (siehe Pressemitteilungen des Hochtaunuskreises vom 26. März und 3. September 2019). Deswegen waren wir sehr überrascht, daß uns der Erste Kreisbeigeordnete Thorsten Schorr als Gastgeber bereits mit den betroffenen Kommunen abgestimmte „Lärmpausen“, d.h. die Sperrung der betroffenen Straßen nur für Motorräder an jeweils einem Wochenende im Monat in der Zeit von April bis Oktober jeden Jahres, als Ergebnis des Pilotvorhabens vorstellte. Als besonders ärgerlich empfanden wir es, daß die Medien bereits vorab über diese Entscheidung informiert wurden. Offenbar gibt es sehr unterschiedliche Definitionen des Begriffs „Dialog“. Man könnte auch sagen, daß man versucht hat, uns zu verschaukeln“.
„Wir sehen dem Vorhaben des Hochtaunuskreises zwar relativ gelassen entgegen“, so Frieling weiter. „Denn für die Einführung eines solches Modells gibt es keine Rechtsgrundlage. Die Festlegung auf ein Wochenende pro Monat ist zudem willkürlich. Warum nicht zwei oder drei Wochenenden oder nur einen oder mehrere Sonntage pro Monat? Des weiteren wird damit der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Denn insbesondere getunte Pkw tragen maßgeblich zur Geräuschentwicklung auf diesen Strecken bei. Die werden aber außen vor gelassen. Das vorgestellte Modell ist also weder ein nachhaltiger Lösungsansatz noch wird es sich rechtssicher umsetzen lassen. Trotzdem werden wir das weitere Vorgehen des Kreises beobachten und bei Bedarf geeignete Maßnahmen dagegen ergreifen.“
„Wir werden uns die präsentierten Zahlen und die zugrundeliegenden Daten natürlich noch einmal im Detail ansehen“, sagte Christian „Terror“ Görlitz, Verantwortlicher der BU für das Thema Streckensperrungen. „Denn bei einigen der vorgebrachten Argumente für diese Entscheidung gibt es erhebliche Zweifel an der Seriosität der präsentierten Aussagen. Ich bin zudem sehr gespannt darauf, was die Anwohner an den ausgewiesenen Umleitungsstrecken sagen werden, wenn ihnen klar wird, was ihnen der Kreis und die eigenen Bürgermeister durch das Modell zumuten. Denn durch die Sperrung von Strecken wird das unbestritten vorhandene Problem illegaler Manipulationen an manchen Motorrädern sowie das rücksichtslose Verhalten mancher Fahrer(innen) nicht gelöst, sondern lediglich verlagert, im vorliegenden Fall auf Straßen mit wahrscheinlich deutlich mehr Anwohnern als an den von den geplanten Sperrungen betroffenen Strecken.“
„Wir finden es sehr bedauerlich, daß das Strategiepapier der Bundesarbeitsgemeinschaft Motorrad (BAGMO) „Motorradfahren in Deutschland – Die Zukunft gestalten – Konflikte vermeiden“, das den beteiligten Behörden unmittelbar nach dessen Veröffentlichung von uns zugeleitet wurde, offensichtlich keinerlei Beachtung fand“, so Frieling. „Dort ist eine ganze Palette an Maßnahmen beschrieben, die Streckensperrungen überflüssig machen. Das darauf aufbauende Angebot der Kampagne der Motorradfahrerverbände „Hochschalten! Dialog statt Verbot“ scheint im Hochtaunuskreis auf taube Ohren gestoßen zu sein. Von einem „guten Kompromiß für die verschiedenen Interessengruppen“ zu sprechen, halten wir daher für ausgesprochen zynisch.“